Anna Homburg, Kriegszeiten Ukraine 2009/2023
C-print auf Kapa, 20x20cm,30x30cm,40x40cm
Vor mehr als einem Jahr ist in meinem Heimatland, der Ukraine, der Krieg offen ausgebrochen. Schon 2014 hat der Krieg angefangen, jetzt herrscht er im gesamten Land. Das Bildmaterial ist in der Ukraine, teilweise vor 2014 entstanden. Die Bilder beziehen sich auf Themen wie Beziehungen, Heimat, Familie. Diese Arbeit ist ein Prozess der Verarbeitung und des Begreifens des Krieges durch den Akt der Zerstörung.
Thomas Michalak, Vater – Eine Ausgrabung 2022 ongoing
Installation, Stele mit Karten (zehn Motive, nummeriert, je 30 Stück), Silbergelatineprints, C-Prints, verschiedene Formate, gerahmt, Tintendrucke, Tapetac-Klebestreifen, Tisch, Hocker, Schreibunterlage, Bleistifte, Radiergummi, Tintenstifte.
Können Alltagsbilder, vom Kontext sozialer Beziehung und mündlicher Erzählung befreit, überhaupt etwas bedeuten? Oder ergeben sich gerade in der Lösung neue, vielfältigere Möglichkeiten einer (Re-)Konstruktion von Geschichte(n)? Was erzählt die Form der Aufbewahrung und Auswahl? Finden sich Bilder, die eine besondere visuelle Kraft und damit eine Bedeutung über den familiären Kontext hinaus haben können? Welche Reflexe oder Geschichten bilden fremde Betrachter/innen. Was berichten sie darüber, wie sie eine Bedeutung konstruieren?
Von meinem Vater habe ich 10 Kartons mit Fotoalben, Fotokisten, Diamagazinen und Fototaschen geerbt. Die wenigsten Bilder befinden sich in Alben. Zwei Kisten waren vor seinem Tod nie aufgetaucht: „Minnas Kiste“ und „Wilhelms Kiste“ beinhalten zwei private Archive, die mit der Familie nicht geteilt wurden. Es sind kleine Schatzkisten. Archive persönlicher Erinnerungen und Erzählungen.
„Vater – Eine Ausgrabung“ ist ein teilweise öffentlicher Prozess meiner Beschäftigung mit dem Archiv. Ähnlich einer archäologischen Untersuchung besteht die Arbeit aus Suche, Sicherung und (Re-)Konstruktion.
Lydia Kotzan, »Die Heimat wird eine andere sein« 2021
Tableau mit Fine Art Prints auf Hahnemühle Photo Rag, 60 x 40 cm und 27 x 40 cm
Meinen Großeltern wurde die Ausreise aus Polen nach Deutschland verweigert. Jahrelang warteten sie in einem Land, in dem sie nicht mehr sein wollten. Eine Schleife aus unzähligen Anträgen, Hoffnung, gepackten Koffern und erneuten Absagen bestimmte acht Jahre ihres Lebens. Erst in den 70er Jahren gelang ihnen die Ausreise in ein Land, das sie heute ihr Zuhause nennen. Die Sehnsucht nach ihrer alten Heimat klingt noch heute an, wenngleich sie hier angekommen und glücklich sind. Da ich die bewegende Geschichte bislang eher fragmentarisch erfahren habe, ließ ich mir in ihrem Wohnzimmer genauer und eingehender davon berichten. Die Fotografien zeigen meine persönlichen Assoziationen zu jenen „verzweifelten Jahren“.
Rainer Menke, verschiedene Arbeiten, verschiedene Formate
Sebastian Schmidt, Wendemarken, Kleinmachnow, 2022
Abtönfarbe auf Calumet Hintergrundkarton #90 White, Digitaldrucke verschiedener Formate auf Saal Art Line Fotopapier, 3,40 m x 2,70 m
Kollidieren zwei sich bewegende Körper unterschiedlicher Masse miteinander, so wird der masseärmere Körper meistens durch die Kollision in Bewegungsrichtung des massestärkeren Körpers zurückgestoßen. Hierbei kann vom masseärmeren Kollisionsgegner bereits durch die Kollision eine Spur in Form von Radier-/Druckspur oder Kratzspuren (durch niedergedrückte Masseteile) auf die Fahrbahn gezeichnet werden. Diese Spuren bilden sich dann durch die abrupte Rückwärtsbeschleunigung (Wende) als sogenannte Wendemarken in Haken- oder Hufeisenform aus.
Susanne Rehm, Allzeit
Pigmenttintendrucke in den Formaten 20 x 30 und 40 x 60 cm, Glas, Eisenprofilrahmen
In abgeschiedenen Räumen, über eine imaginäre Schwelle zu betreten, tauche ich in eine unbekannte Welt ein. Mit der Überwindung der Angst beginnt ein Prozess des Loslassens. Es gibt keine Grenze, wo eine Durchlässigkeit, eine Transformation, eine Überschreitung sich andeutet. Ich trete ein in eine Atmosphäre, von der ich ergriffen werde, die mich gefangen hält und den Raum und die Dinge um mich herum in einem neuen Licht sehen lässt. An diesen Orten ist Vergänglichkeit allgegenwärtig. Hier erscheint der Mensch auf verschiedene Weise entkörperlicht, indem Umrisse des Ichs verschwimmen und verschwinden. Bewegung durchdringt Raum und Zeit. Selbst fixiert, als nicht gelebtes Leben, ist die Spanne des Sichtbaren nur eine Frage der Zeit.
Karin Rasper, Lockdown, 2020 und Echokammer, 2012–2021/2022
C-Print auf Alu-Dibond hinter Acrylglas, je 20 x 20 cm und Pigmenttintendruck, je 30 x 45 cm
Eine eher indirekte persönliche Reaktion auf die Situation während des Lockdowns in Berlin. Eine Reflexion über das Innen und Außen, über Wahrnehmung und Vorstellung. Konzentration auf das Nächstliegende, Alltägliche; Kleinigkeiten und Details, die üblicherweise unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle liegen, treten während des allgemeinen Stillstands ins Bewusstsein.
Die Bilder, sämtlich mit dem iPhone spontan aufgenommen, sind im Zeitraum von Mitte März bis Ende Mai 2020 in naher und nächster Umgebung entstanden.
Eine Echokammer ist ein Resonanzraum, in dem etwas widerhallt, sich verdoppelt, überlagert und verzerrt wird, sich abschwächt und schließlich verhallt. In der Erinnerung überlagern sich Bilder, Bilder verschwinden, ebenso wie die erinnerte Vergangenheit selbst.
Zeitlich-historische Abstände begründen eine Unschärferelation, ein beständiges Oszillieren zwischen Erinnern und Vergessen. Erinnerung überschreibt das Erinnerte in einem fortwährenden Prozess der Überformung. Aufblitzen und Verschwinden von Erinnerungsbildern und die Dynamik von Erinnerungsprozessen: Die Erinnerung prägt und erschafft den ‚Gegenstand‘, den sie erinnert, wobei die Pole von Wissen und Nicht-Wissen, von Fakten und Vorstellung immer wieder neu und in anderer Weise überblendet werden.
Erinnerungsprozesse verlaufen diskontinuierlich. Für Sekundenbruchteile leuchten Bilder, Worte, Situationen auf, um – fast ‚augenblicklich‘ – wieder zu verschwinden. Der Bruchteil einer Sekunde ist die Zeit der Fotografie. Im Zusammenhang von Erinnerung und Gedenken kommt der Fotografie ein hoher Stellenwert im kollektiven und individuellen Gedächtnis zu. Architekturen, Archive, Bibliotheken, Gedenkstätten ebenso wie die privaten Fotoalben: Allesamt der Erinnerung gewidmete Schreine, Sarkophage, die auf der Folie des Vergessens errichtet werden.
Birgit Nitsch Stiller Raum, 2019/2022
C-Print auf Alu-Dibond, 50 x 50 cm
Auf ihren Städtereisen entstand Birgit Nitschs Interesse an Kirchenräumen, deren Architekturen, Lichtstimmungen und deren Funktion als Inseln der Stille und Abgeschiedenheit. Zurück in Berlin begann sie eine systematische Untersuchung der vielen verschiedenen Kirchentypen ihrer Heimatstadt. Wie unterscheiden sich Licht- und Raumerfahrung in den Kirchen des Mittelalters, den Dorfkirchen, den Kirchen der Stadterweiterung, der Moderne, des Wiederaufbaus und Sühne bis zu den Neubauten der Gegenwart?
Jürgen Hurst, Dissolving Structures, 2019/2022
Pigment Print, Photo Rag auf Polyurethan Hartschaum, verschiedene Formate
Die „Dissolving Structures“ sind eine Serie von Collagen. In den Bildern werden Räume konstruiert, die niemals existiert haben. Die Spur zu einer fotografierten Realität wird dekonstruiert und das opake Bild tritt in den Vordergrund.
Andrea Brehme, o.T, Referenz, 2013–2018/2023
Sibille Riechardt, ZeitWasser, Australien, USA, Deutschland, Portugal 2008–2019/2023
Andrea Brehme und Sibille Riechardt waren als Gäste in der Ausstellung vertreten.
Büchertisch und Cadavre Exquis
Neben den Arbeiten der Autorinnen waren Bucharbeiten auf einem Lesetisch zu sehen. Ebenso die Gruppenarbeit Cadavre Exquis als Fahnen im Eingangsbereich.
Was im Gästebuch während der Ausstellung hinterlassen wurde…
Das fand ich wirklich toll. Und wirklich toll getroffen. Es sei hier noch ergänzt.