Am Fenster

Am Fenster

Es tritt ein Gewöhnungseffekt ein. Natürlich tritt der ein, weil wir sind anpassungsfähige Wesen. Und, sind wir mal ehrlich, so viel Fundamentales hat sich nun auch wieder nicht verändert.

Und doch gibt’s Dinge, die dann anders sind. Der Effekt der Entfremdung nimmt immer mehr zu. Fehlender Kontakt führt zu fehlendem Feedback und damit zu fehlendem Korrektiv. Diese Woche ist es mir sogar mal passiert, dass ich meinen Kunden angeschrieen hab. Eine peinliche Premiere. Bislang hatte ich immer die notwendige Distanz. Ansonsten vergeht die Woche aber. So ereignislos. Wie anstrengend. Hauptsächlich mit Telefonieren, Web- und Videokonferenzen. Gleichförmig halt. Laut, abgehackt und mit beschränkter Bandbreite. Neulich meinte mal jemand, 6 Stunden Webkonferenz hält niemand aus. Das muss ich korrigieren: man kann auch 8 Stunden aushalten. Ob das aber sinnvoll und zuträglich ist, ist tatsächlich eine andere Frage. Aber immerhin, die Woche vergeht. Auch wenn am Freitag dann die Erschöpfung dominiert.

Es entstehen auch neue Formen des Miteinanders. Gestern, zum Beispiel haben die Kollegen aus dem Team zum Feierabendbier eingeladen. Also, jeder für sich vor der Kamera natürlich. Ein Corona war natürlich auch mit dabei. Ich saß dann davor und hab gekuckt… und mich gefragt, was da passiert. Ich war einfach nicht dabei. Auch wenn ich dabei war. Ja, liegt auch daran, dass ich 25 Jahre älter als die meisten dort bin, anders sozialisiert und außerdem im Small-Talk auch eher unbegabt. Und man immer nur vier Köpfe sieht, stets nur einer reden kann und das aushandeln, wer dran ist, so aufwändig, dass mir auch die Lust zum Plaudern vergeht. Ich hab mich dann recht schnell wieder ausgeklinkt. Das hatte nur noch Surrogatcharakter. Okay, Boomer…

Aber, wie eingangs gesagt, ich gewöhne mich. Diszipliniere mich, strukturiere meinen Tag, nehme auch trotz Bewegungsmangel weiter ab… und hoffe der eintretenden Gleichförmigkeit nicht zu erliegen.

tbc…