Ich war 16 Jahre alt, Juni 1980. In meinem Heimatdorf hatte es im Sommer schon immer gewittert. Das macht einfach die Lage aus: im Oberrheingraben, links die Vogesen, rechts der Schwarzwald und das Wetter, das von Süden aus dem Mittelmeerraum durch die Burgundische Pforte schwül-warme Luft in diese Kanal transportiert hat. Es brachte sicher mehrmals wöchentlich Gewitterlagen. Manche davon mild und nach Norden weiterziehend, andere heftig. Die in den 70er Jahren beschlossene Flurbereinigung, die aus dem kleingekammerten Rebterassen des Kaiserstuhls großflächige „wirtschaftlich nutzbare“ Anlagen umgegraben hatte, war noch im Gange und insbesondere die neu angelegten Raine (Böschungen aus Lösboden) waren noch nicht so befestigt. Sie wandelten sich im Starkregen in Mure. Dorfbäche wurden innerhalb von wenigen Minuten mit feinem Lös verstopft, Zugangsstraßen komplett verschüttet. Die Bauern mussten die Ställe öffnen, damit das Vieh nicht ertrank. Am nächsten Tag: ein komplettes Dorf knietief im Lös. Und eine Dorfgemeinschaft, die sich ausnahmslos gemeinschaftlich ans Aufräumen und Reparieren machte.
An diese Nacht und an diesen Tag musste ich denken, als ich kürzlich in Hannover am Maschsee stand und überrascht wurde. Nein überrascht hat mich der Regen nicht – wohl aber seine Heftigkeit. In Minuten waren die Straßen und Fußwege knöcheltief vollgelaufen. Auf eine merkwürdige Art fand ich diesen Regenguß „zu mir gehörig“. Nichts, was ich unangenehm fand, eher was mir Sicherheit gab. Natürlich war es doof für die Stoffschuhe. Für die Jeans und vor allem das Sakko. Trotzdem fand ich diesen Regenabend schön.