Wider den digitalen Tod

Wider den digitalen Tod

Zur Zeit beschäftigt mich (mal wieder) die Frage, wie ich mit den Mengen an Bildern umgehen soll, die nicht in eine Arbeit einfließen. Wie ich dem stillen und unbemerkten Ableben der Bilder begegnen könnte.

Speicherstadt

Ich fotografiere viel. Die Kamera ist praktisch immer in meiner Jackentasche dabei. Vieles, das meiste, würde ich sagen, ist dabei nicht der Rede wert. Aber manche Bilder, die sind dann doch zu schade um einfach vergessen zu werden.

Andererseits passen sie aber auch nicht in laufende Fotoprojekte. Haben ein anderes Thema, sind thematisch nicht fokussiert genug. Oder fügen sich, vielleicht trotz thematischer Übereinstimmung dann einfach nicht in eine Auswahl, eine Sequenz von Bildern, die zu einer Arbeit gehören, ein.  Was tun mit solchen Bildern? Mit den kleine Ansichten des Alltags? Den Eindrücken auf Ausflügen? 

Die längste Rolltreppe Europas

Manchmal denke ich, ich mache meine Projekte auch nur, um den Bildern eine Plattform zu geben, auf der sie dann Sichtbarkeit gewinnen können. Sichtbarkeit über Stunden und Tage hinweg. Keine Massenpopularität, das meine ich nicht. Einfach, dass sie überdauern. Naja, es ist sicher ein Aspekt. Aber nicht der einzige. 

Als ich neulich meine aktuelle Arbeit in der Klasse vorgestellt habe, gab’s auch viel Kritik am konzeptionellen Hintergrund. Kann ich verstehen. Es ist einfach nicht Sache von allen Betrachter*innen sich lange mit komplizierten Gedanken auseinanderzusetzen, die sich dann auch nicht auf den ersten Blick in den Bildern darstellen. Aber, ist halt meins. 

Also, nicht nur die Bilder vor dem Tod zu bewahren, auch das thematische ist ein Treiber dafür. Trotzdem bleibt die Frage danach, was denn mit den ganzen Bildern passieren könnte.

Besucherin vor einer Tillmans Fotografie

Früher (in der guten alten analogen Zeit ;-)) waren Fotos teuer, und sie sind ausbelichtet worden. Ein Wert. Natürlich ein montärer, aber auch ein ideeller. Damit musste was passieren. Ein Album, eine Diaserie. Oder mindestens eines dieser Klappetuis, in das wohl 40 oder 50 Abzüge reingepasst haben.  Manchmal thematisch, häufig aber auch wirklich einfach, wie’s kam.  Aber wer druckt heute noch? 

Ahh… vielleicht doch mehr, als ich denke. Neulich, als mein Drucker mal wieder seine regelmäßigen Aussetzer hatte, habe auch ich mich mal bei dm angestellt, und war doch erstaunt, wie viele da einfach mit ihrem Handy hingehen und sich die Bilder ausdrucken lassen. Scheint, dass eine Kultur, Bilder nicht einfach so auf devices zu belassen, ihnen ein physisches Leben zu schenken auch heute noch gängig ist.

Naja, ich selbst drucke ja auch viel, aber meistens um an meinen Fotoprojekten zu arbeiten. Die anderen Bilder schaffen es auch bei mir kaum auf den Drucker. Und doch ist’s doch ausgesprochen schade um sie, oder? Sollte mit denen nicht auch was passieren? Aber was?

Mit geputzten Gläsern

Was passiert denn heutzutage mit denen? Viele Bilder landen in der timeline eines sozialen Dienstes. Da buhlen sie um eine kurzlebige Wahrnehmung. Wie lange sie dabei anderen in Erinnerung bleiben sei mal dahin gestellt. Aber, passt den die Präsentationsform eines streams tatsächlich dazu die Bilder vor dem still-heimlichen Ableben zu bewahren? Ich bin nicht sicher. Für mich selbst habe ich festgestellt, dass es das auch nicht ist. Dass die Bilder auch dort mehr dämmern, als leben. Selbst der eigene Blog hier, übersichtlich noch im Vergleich zu meinen Beiträgen auf anderen Plattformen scheint mir manchmal zu kurzlebig.

Aussichtspunkt

Was also tun? 

Vielleicht sollte ich doch mal ein anderes Format ausprobieren. Mal schauen, ob ich zum Beispiel sowas wie alle drei Monate mal ein „Magazin“ baue. Da kommen dann kleine Serien rein, vielleicht ein paar Auszüge aus dem Blog hier? Überarbeitet natürlich 😉 

Einfach mal auch InDesgin ansehen, schauen, ob es handlicher als Scribus ist. Und alle paar Monate dann einfach etwas veröffentlichen, das die schönen Bilder enthält, die zu keiner Arbeit / Projekt o.ä. gehören. Weil’s halt irgendwie viel zu schade ist, dass sie auf der Festplatte oder einer timeline verblassen. Ich weiß nicht, das ist viel Arbeit. Aber, tun tu ich ja ohnehin immer. Nein, um die Zeit ist’s mir definitiv nicht schade. Und – selbst wenn’s dann keine inhaltliche oder visuelle Schlüssigkeit hat, es bleibt was. Wie bei einem Album… 

 

Die Handvoll Bilder hier stammen aus Hamburg. Einem Besuch einer wunderbaren Tillmans-Ausstellung und einer schon lange aufgeschobenen Besichtigung der Elbphilharmonie. Sie dürfen ein wenig Licht sehen. Die Bilder. Und sollen nicht im Dunkeln verstauben. Oder gar im Staub verdunkeln…