In Ergänzung zum vorhergehenden Beitrag hier eine Variation: Wie verändert sich das Bild, wenn ich den Bildcode manipuliere? In der aktuellen Arbeit wird dabei ein Bereich von 8 kB sukzessive mit 0-Werten in 512 Byte-Chunks überschrieben. Das Ergebnis ist hier zu sehen:
Spannend für mich war zu sehen, wie durch vergleichsweise kleine Manipulationen ausgesprochen starke visuelle Veränderungen zu sehen sind. Am Ende sind nur 8k Daten in einer 583 kB großen Datei „verloren“ gegangen. Und trotzdem ist nach Abschluss der Manipulation kaum noch etwas zu erkennen.
Mit einem Gedanken zurück zum vorhergehenden Beitrag: was ich hier manuell gemacht habe, ist etwas, das bei der Übertragung der Bilddaten aus dem Sensor passiert. Das Encoding und das Schreiben von Bilddaten. Diese Übertragung basiert auf einem Stück Software und unterliegt dabei ganz offensichtlich der Kunst der Softwareentwickler meiner Kamera. Hierin liegt auch der eigentliche ontologische Unterschied zwischen der analogen Fotografie und der digitalen: die Erfassung und „Speicherung“ des latenten Bilds erfolgt analog im gleichen Prozess (Exposition des lichtempfindlichen Materials). In der digitalen Fotografie erfolgt die Speicherung erst nachgängig und auch nur durch besagtes Stück Technologie. Was wir digital also zu sehen bekommen ist mindestens einmal (in aller Regel mehrmals) durch Software gegangen, bevor wir es zu sehen oder auch nur zu archivieren bekommen.
Bei der Digitalisierung von papierbasierten Dokumenten wird der Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit wegen auf die Authentizität besonders geachtet: entspricht die digitale Version auch wirklich dem papierbasierten Original? Das regelt nicht zuletzt eine Technische Richtlinie des BSI („TR Resiscan“). Im Prozess der digitalen Bildaufnahme gibt es ein solches „Zertifikat der Übereinstimmung von Sensordaten und Bilddaten“ nach meiner Kenntnis nicht. Was Zero Shift also aussagt ist, dass wir visuell zwar die Daten und ihre Veränderung sehen, aber nicht sicher sein können, dass es der „Stift der Natur (Talbot)“, die Realität war, die die Bilddaten genau so erzeugt hat.